Lander
„Auch ich war in Arkadien geboren, …
doch Thränen gab der kurze Lenz mir nur.“
aus »Resignation – eine Phantasie« von Friedrich Schiller (1787)
Eine der natürlichsten Reaktionen ist die der Flucht, die auf ein plötzlich eintretendes Ereignis folgt. Etwas das dem Vorhersehbaren oder Erwartbaren zuwiderläuft im Unterschied zur geplanten Flucht, als Reaktion auf eine Entwicklung, die ein Maß, eine Verhältnismäßigkeit oder einen günstigen Zeitpunkt voraussetzt – bei der man den Punkt kommen sieht, an dem es soweit ist. Ungeplant ist die Flucht im Affekt, eine ungeübte Geste die mit Heftigkeit vollzogen und in der Ausführung, wie im Effekt, nicht vorweg genommen werden kann. Jeder der je in der Situation war spontan zu fliehen und sei es nur ein kurzes Ausweichen, kann von einem Gefühl einer Irritation berichten, darüber, dass mit der Flucht das Gefühl des Verlustes, vielmehr, des Verlorenseins einhergeht, nämlich der der Autonomie. Dieser Irritation liegt eine Verunsicherung zugrunde, weil die Mechanismen des Sichergeglaubten einerseits nicht mehr greifen und, andererseits, im Affekt, ein autonomes Potential mit Macht zutage tritt und die Herrschaft übernimmt. Denn die Entscheidungshoheit, die sicher geglaubte Selbsberrschung, wird ohne Zögern außer Kraft gesetzt, von einer Abteilung des Ichs von der man bis dato überhaupt keine Vorstellung hatte, dass sie überhaupt existiert, die einen bei vollem Bewusstsein überfällt, abrupt das Ego beiseite schiebt und gleichzeitig intensiv an einem Geschehen teilhaben lässt, bei dem man sich in fraglichen Momenten, anders als in einer Absenz, völlig bei sich und gleichermaßen außer sich erlebt.
Ständig sind wir gefordert Entscheidungen zu treffen, ob wir aufstehen oder sitzenbleiben, links- oder rechts herumgehen, selbst diese banalen Fragen bedürfen einer Wahl, wir erwarten ein Vorhersehbares und letztlich ist jedes Eingreifen motiviert eine Umgebung herzustellen in der das Unvorhersehbare minimiert und das Schlüssige zuhause ist. Das Vorhersehbare fördert Stabilität und einen Modus operandi der in Routinen mündet, die entlasten, weil sie den Entscheidungsdruck, das Entscheidenmüssen, zurückdrängen zugunsten einer Choreografie deren Abläufe autochthone Züge haben. Die Vorstellung davon, bei sich zu sein, ist eng an ein Konzept einer konsistenten und, vor allem, konstanten Umgebung geknüpft. In ihr pflegen wir ein probates, darauf abgestimmtes Verhalten und in den immergleichen Abläufen finden wir auf vertrautem Terrain schließlich und verlässlich zu uns. Diese Konzepte der Schlüssigkeit bilden Strukturen die, idealerweise, Widersprüche auflösen und, in Summe, den Grund erzeugen, auf dem wir uns einrichten, den wir mit anderen teilen, nicht bloß als Basis der Verabredung und Sicherung, vielmehr als Bestätigung eines Konsenses, auf der die Selbstvergewisserung gründet: wenn alle dasselbe glauben, kann der Glaubensgrund nicht falsch sein. Jede vorstellbare Form der Weltbestimmung ist darstellbar, solange es Menschen gibt, die dazu bereit sind, diese zu teilen – der Einzelne der auf einer exklusiven Sicht der Dinge beharrt, bloß ein Narr.
Prototypisch für ein solches Arrangement des Common Sense steht der Begriff der Heimat, Ort der Zuschreibungen, der all jenes subsumiert, das dazu dient Habitat und Habitus, Sprachraum und Gefäß für Gebrauch und Brauchtum zu sein. Heimat ist ein Begriff, der aus der Konstruktion bereits eine Verbindlichkeit ableitet die, bei Verlust, in Herkunft umgemünzt wird und, je nachdem, als Referenz und Restbezug herhalten muss oder als Stigma zur Orientierung aus einer Position der Dominanz gebraucht wird um ab- und ausgegrenzt zu werden.
Da das Leben als Prozess erfahren wird, der Moment der Gegenwart selten einer ist, den man nicht beherzt aufgeben möchte, um zu einem ominös Besseren hin aufzubrechen, ist jede Einrichtung auch ein Standort mit Ausblick, einer Perspektive auf einen Horizont, der spiegelbildlich, als Sehnsuchtsort, das Dispositiv der Widerspruchslosigkeit schlüssig im Idealen fortschreibt und dabei, das Projizierte verlässlich zurückwerfend, uns in unserer Position der vermeintlichen Fortbewegung hält und fixiert. So entpuppt sich das Arkadien verlässlich als Nekropole der Wirklichkeitvim buchstäblichen Sinne, dann wenn selbst die Toten nicht dem Traum vom Eigenheim entkommen.
Bei der Flucht im Affekt, tritt nicht nur ein Reflex mit Vehemenz auf den Plan, bei dem mit einem Schlag deutlich wird, wie dünn die Schale ist die uns unser Bewusstsein als Heimstatt mit universellem Verbindlichkeitsanspruch präsentiert. Wenn es eng wird und der Autopilot ins Steuer greift, kann, mit etwas Glück der ungeplante Ausstieg aus den Routinen, ein Einstieg in eine Alternative sein. Für solche Fälle ist gut beraten, wer ein Rettungsboot hat, wenn also das Schiff in schweres Wasser gerät.
Hangar_Entwurf für den Lichthof der Bibliothek der FH Potsdam
Das Besondere dieses Raumes ist, dass er sich kaum als Raum vermittelt, eher einer räumlichen Zäsur gleicht, ähnlich einer Säule oder eines den Raum strukturierenden Elements, wie ein sich von der Umgebungsarchitektur lösender Vorsprung. Man könnte ihn übersehen, da er tatsächlich übersichtlich und, gegenüber dem umgebenden Raum, keine Attraktion ist und überdies nichts enthält. Die Vorstellung den Raum nutzen zu wollen, etwa um an die frische Luft zu gelangen, wird davon begleitet, sich in eine Art Ausstellungssituation zu begeben, ins Licht zu treten, mithin, sich zu exponieren. Von Glas eingefasst und von der Dimensionierung her, liegt die Assoziation mit einem Aquarium nahe und, bekanntermaßen, lässt es sich vom Hellen schwerlich ins Dunkel schauen, umgekehrt aber schon. Die Befürchtung also, in diesem Raum ausgestellt zu sein, betrachtet zu werden, ohne selbst jemanden im Innenraum zu sehen, ist nicht ganz unbegründet und wird noch unterstützt durch die Reflexionen des umgebenden Glases. Mit dem Entwurf »Hangar« wird dem Raum ein Objekt hinzugefügt, das im banalen Sinne eine Möblierung ist, nämlich ein Sitzmöbel. Darüber hinaus eine Attraktion darstellt – der unspektakuläre Raum wird gewissermaßen weiter »reduziert«, er tritt zurück gegenüber dem dominanten Objekt, das als fremder Körper Interesse weckt, damit Aufmerksamkeit binden kann und, die unfreiwillig Ausgestellten entlastend, den Austritt erleichtern dürfte.
Lander
„Auch ich war in Arkadien geboren, …
doch Thränen gab der kurze Lenz mir nur.“
aus »Resignation – eine Phantasie« von Friedrich Schiller (1787)
Eine der natürlichsten Reaktionen ist die der Flucht, die auf ein plötzlich eintretendes Ereignis folgt. Etwas das dem Vorhersehbaren oder Erwartbaren zuwiderläuft im Unterschied zur geplanten Flucht, als Reaktion auf eine Entwicklung, die ein Maß, eine Verhältnismäßigkeit oder einen günstigen Zeitpunkt voraussetzt – bei der man den Punkt kommen sieht, an dem es soweit ist. Ungeplant ist die Flucht im Affekt, eine ungeübte Geste die mit Heftigkeit vollzogen und in der Ausführung, wie im Effekt, nicht vorweg genommen werden kann. Jeder der je in der Situation war spontan zu fliehen und sei es nur ein kurzes Ausweichen, kann von einem Gefühl einer Irritation berichten, darüber, dass mit der Flucht das Gefühl des Verlustes, vielmehr, des Verlorenseins einhergeht, nämlich der der Autonomie. Dieser Irritation liegt eine Verunsicherung zugrunde, weil die Mechanismen des Sichergeglaubten einerseits nicht mehr greifen und, andererseits, im Affekt, ein autonomes Potential mit Macht zutage tritt und die Herrschaft übernimmt. Denn die Entscheidungshoheit, die sicher geglaubte Selbsberrschung, wird ohne Zögern außer Kraft gesetzt, von einer Abteilung des Ichs von der man bis dato überhaupt keine Vorstellung hatte, dass sie überhaupt existiert, die einen bei vollem Bewusstsein überfällt, abrupt das Ego beiseite schiebt und gleichzeitig intensiv an einem Geschehen teilhaben lässt, bei dem man sich in fraglichen Momenten, anders als in einer Absenz, völlig bei sich und gleichermaßen außer sich erlebt.
Ständig sind wir gefordert Entscheidungen zu treffen, ob wir aufstehen oder sitzenbleiben, links- oder rechts herumgehen, selbst diese banalen Fragen bedürfen einer Wahl, wir erwarten ein Vorhersehbares und letztlich ist jedes Eingreifen motiviert eine Umgebung herzustellen in der das Unvorhersehbare minimiert und das Schlüssige zuhause ist. Das Vorhersehbare fördert Stabilität und einen Modus operandi der in Routinen mündet, die entlasten, weil sie den Entscheidungsdruck, das Entscheidenmüssen, zurückdrängen zugunsten einer Choreografie deren Abläufe autochthone Züge haben. Die Vorstellung davon, bei sich zu sein, ist eng an ein Konzept einer konsistenten und, vor allem, konstanten Umgebung geknüpft. In ihr pflegen wir ein probates, darauf abgestimmtes Verhalten und in den immergleichen Abläufen finden wir auf vertrautem Terrain schließlich und verlässlich zu uns. Diese Konzepte der Schlüssigkeit bilden Strukturen die, idealerweise, Widersprüche auflösen und, in Summe, den Grund erzeugen, auf dem wir uns einrichten, den wir mit anderen teilen, nicht bloß als Basis der Verabredung und Sicherung, vielmehr als Bestätigung eines Konsenses, auf der die Selbstvergewisserung gründet: wenn alle dasselbe glauben, kann der Glaubensgrund nicht falsch sein. Jede vorstellbare Form der Weltbestimmung ist darstellbar, solange es Menschen gibt, die dazu bereit sind, diese zu teilen – der Einzelne der auf einer exklusiven Sicht der Dinge beharrt, bloß ein Narr.
Prototypisch für ein solches Arrangement des Common Sense steht der Begriff der Heimat, Ort der Zuschreibungen, der all jenes subsumiert, das dazu dient Habitat und Habitus, Sprachraum und Gefäß für Gebrauch und Brauchtum zu sein. Heimat ist ein Begriff, der aus der Konstruktion bereits eine Verbindlichkeit ableitet die, bei Verlust, in Herkunft umgemünzt wird und, je nachdem, als Referenz und Restbezug herhalten muss oder als Stigma zur Orientierung aus einer Position der Dominanz gebraucht wird um ab- und ausgegrenzt zu werden.
Da das Leben als Prozess erfahren wird, der Moment der Gegenwart selten einer ist, den man nicht beherzt aufgeben möchte, um zu einem ominös Besseren hin aufzubrechen, ist jede Einrichtung auch ein Standort mit Ausblick, einer Perspektive auf einen Horizont, der spiegelbildlich, als Sehnsuchtsort, das Dispositiv der Widerspruchslosigkeit schlüssig im Idealen fortschreibt und dabei, das Projizierte verlässlich zurückwerfend, uns in unserer Position der vermeintlichen Fortbewegung hält und fixiert. So entpuppt sich das Arkadien verlässlich als Nekropole der Wirklichkeitvim buchstäblichen Sinne, dann wenn selbst die Toten nicht dem Traum vom Eigenheim entkommen.
Bei der Flucht im Affekt, tritt nicht nur ein Reflex mit Vehemenz auf den Plan, bei dem mit einem Schlag deutlich wird, wie dünn die Schale ist die uns unser Bewusstsein als Heimstatt mit universellem Verbindlichkeitsanspruch präsentiert. Wenn es eng wird und der Autopilot ins Steuer greift, kann, mit etwas Glück der ungeplante Ausstieg aus den Routinen, ein Einstieg in eine Alternative sein. Für solche Fälle ist gut beraten, wer ein Rettungsboot hat, wenn also das Schiff in schweres Wasser gerät.
Hangar_Entwurf für den Lichthof der Bibliothek der FH Potsdam
Das Besondere dieses Raumes ist, dass er sich kaum als Raum vermittelt, eher einer räumlichen Zäsur gleicht, ähnlich einer Säule oder eines den Raum strukturierenden Elements, wie ein sich von der Umgebungsarchitektur lösender Vorsprung. Man könnte ihn übersehen, da er tatsächlich übersichtlich und, gegenüber dem umgebenden Raum, keine Attraktion ist und überdies nichts enthält. Die Vorstellung den Raum nutzen zu wollen, etwa um an die frische Luft zu gelangen, wird davon begleitet, sich in eine Art Ausstellungssituation zu begeben, ins Licht zu treten, mithin, sich zu exponieren. Von Glas eingefasst und von der Dimensionierung her, liegt die Assoziation mit einem Aquarium nahe und, bekanntermaßen, lässt es sich vom Hellen schwerlich ins Dunkel schauen, umgekehrt aber schon. Die Befürchtung also, in diesem Raum ausgestellt zu sein, betrachtet zu werden, ohne selbst jemanden im Innenraum zu sehen, ist nicht ganz unbegründet und wird noch unterstützt durch die Reflexionen des umgebenden Glases. Mit dem Entwurf »Hangar« wird dem Raum ein Objekt hinzugefügt, das im banalen Sinne eine Möblierung ist, nämlich ein Sitzmöbel. Darüber hinaus eine Attraktion darstellt – der unspektakuläre Raum wird gewissermaßen weiter »reduziert«, er tritt zurück gegenüber dem dominanten Objekt, das als fremder Körper Interesse weckt, damit Aufmerksamkeit binden kann und, die unfreiwillig Ausgestellten entlastend, den Austritt erleichtern dürfte.







